Verloren im Dschungel der (wissenschaftlichen) Informationsflut?

Niemand kann auf jedem Gebiet Fachmann sein, für viele Entscheidungen ist man also auf objektive Informationen durch Spezialisten auf einem Gebiet angewiesen. Die Fülle der Informationsangebote geht heute dank Internet weit über die herkömmlichen Printmedien hinaus, so dass man durchaus die Orientierung verlieren kann. Es gibt aber stets Hinweise auf die Glaubhaftigkeit des Informationsangebotes. Man muss nur genau hinschauen...


Wissenschaftliche Studien

Was ist eine wissenschaftliche Studie?

Wissenschaftliche Studien müssen neue Erkenntnisse liefern, die objektiv und nachvollziehbar begründet sind und sachlich bewertet werden. Auf die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse wird dabei ganz besonderer Wert gelegt. Andere Fachleute müssen auf der Basis der dargestellten Ergebnisse zu den selben Schlussfolgerungen kommen. Aus wissenschaftlicher Sicht gilt eine neue Erkenntnis daher meist auch erst als bewiesen, wenn mehrere Forschungsgruppen die Ergebnisse reproduzieren (unter vergleichbaren Bedingungen wiederholen) konnten.

Welche Arten der „Erkenntnisgewinnung“ unterscheidet man?

Prinzipiell unterscheidet man zwischen empirischen und nicht empirischen Wissenschaften. Die meisten Wissenschaftszweige arbeiten mit empirischen Methoden, sind also „Erfahrungswissenschaften“. Hier spielt die Sammlung von Daten und Fakten und deren sinnvolle Auswertung die entscheidende Rolle. Die Arbeitsinstrumente sind Experimente, Befragungen, Beobachtungen etc. Zu diesen Wissenschaften zählen Medizin, Psychologie, Biologie u.v.a.

Zu den nicht empirischen Wissenschaften gehört z.B. die Mathematik. Hier kann man nur durch logisches Denken Erkenntnisse „im stillen Kämmerlein“ gewinnen.

Wie entstehen Studien im medizinisch-sozialen Bereich?

Es handelt sich immer um empirische Studien. Hinsichtlich der Art und Weise der Datengewinnung unterscheidet man zwischen prospektiven und retrospektiven Studien.

Retrospektive Studien „schauen rückwärts“, ein Beispiel wäre die Datensammlung zu Todesursachen von Rassehunden in einem genau definierten zurückliegenden Zeitraum. Prospektive Studien dagegen sind meist auf längere Zeit angelegt und beobachten die Entwicklung eines Sachverhaltes, um eine bestimmte Vermutung zu überprüfen. Man untersucht also beispielsweise für eine ausgewählte Gruppe von Tieren, wie viele der heute gesunden innerhalb von 5 Jahren sterben und woran.

Häufig ist von sogenannten randomisierten Blindstudien die Rede. Randomisieren bedeutet dabei, die „Versuchspersonen“ nach dem Zufallsprinzip in verschiedene Gruppen einzuteilen. Blindstudien sind dadurch gekennzeichnet, dass  Studienteilnehmer nicht wissen, welcher Gruppe sie angehören. Eine Doppelblindstudie bedeutet also zum Beispiel bei der Beurteilung von Arzneimittelwirkungen, dass weder die Patienten noch die Ärzte wissen, ob der Teilnehmer zur Plazebogruppe gehört oder das zu testende Medikament erhält.

Die erhobenen Daten werden prinzipiell mit (komplizierten) statistischen Methoden ausgewertet. Eine  mathematisch-statistische Größe, die bei der Auswertung von Studienergebnissen häufig angegeben wird, ist die Signifikanz. Hier wird berechnet, ob sich Daten mehr als zufällig von einander unterscheiden, ob also vereinfacht gesagt der Unterschied zwischen zwei Ergebnissen so groß ist, dass eine Aussage daraus abgeleitet werden darf.  Eine weitere wichtige Frage ist, ob ein Zusammenhang (eine Korrelation) zwischen Einzelergebnissen zufällig oder aber objektiv bedingt ist. Hier wird die Irrtumswahrscheinlichkeit berechnet.

Woran erkennt man eine wissenschaftliche Studie?

Originalarbeiten zu wissenschaftlichen Studien erkennt man schon an einigen „Formalien“. Abgesehen von der genauen Bezeichnung der Studie und Angabe der Verfasser finden sich in der Regel folgende Gliederungspunkte: Vorspann - Stand der Forschung - Hypothesen -Untersuchungsmethoden – Ergebnisse – Diskussion – Danksagung/Literaturverzeichnis.

 

Wissenschaftliche Fachliteratur

In wissenschaftlicher Fachliteratur fassen Fachleute bestimmter Disziplinen den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammen und bringen oft auch eigene Erfahrungswerte ein. Diese werden dann aber auch deutlich als persönliche Erfahrungen gekennzeichnet, da Alltagserfahrungen durchaus interessante Aspekte bieten, sich aber prinzipiell in der Art der Datenerhebung und Objektivierbarkeit von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen unterscheiden.

Fachbücher werden oft von einem Herausgeber aus den Beiträgen unterschiedlicher Autoren zusammengestellt, was gut recherchierte aktuelle Inhalte gewährleistet. Die Veröffentlichung erfolgt in der Regel über spezialisierte Verlage, der Name des Verlages ist dann oft schon ein "Markenzeichen", das einen weiteren Hinweis auf den wissenschaftlich geprüften Inhalt der Bücher gibt.

 

Populärwissenschaftliche Veröffentlichungen

In zunehmendem Maße nutzen Wissenschaftler die Möglichkeit, aktuelle Erkenntnisse einem interessierten aber nicht fachkompetenten Publikum zugänglich zu machen. Werden also die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung für den Laien verständlich dargestellt, spricht man von populärwissenschaftlichen Beiträgen. Während diese Form der Wissensvermittlung in vielen angloamerikanischen Ländern schon sehr verbreitet ist, sind deutsche Wissenschaftler hier oft noch relativ zurückhaltend.

Populärwissenschaftliche Beiträge können sehr vielfältige Formen annehmen: Wer kennt nicht die Sendung mit der Maus? Auch viele Zeitschriften wie "Geo" und zahlreiche Internetangebote (www.medizinfo.de oder www.netdoktor.de etc.) kann man hier einordnen.

Für den Laien ist es besonders schwierig, seriöse und unseriöse Anbieter zu unterscheiden, zumal oft auch "Etikettenschwindel" betrieben wird: Äußert sich eine "Frau Dr. X." zum Beispiel über medizinische Probleme, wird man ohne weiteres annehmen, dass sie auch in dieser Fachrichtung promoviert hat.Dies muss durchaus nicht immer der Fall, wobei man rein rechtlich gesehen der Autorin nicht einmal einen Vorwurf machen kann, da ja der "Doktortitel" Bestandteil des Namens ist. Aber genaues Hinsehen lohnt sich auf alle Fälle!


Wissenschaftsjournalismus

Eine "Sonderform" der populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen entwickelt sich zunehmend zu einem interessanten "Arbeitsmarkt": Der Wissenschaftsjournalismus.Hier werden entweder Fachleute zu Journalisten oder Journalisten zu Fachleuten. Beides hat Vor- und Nachteile. Wissenschaftsjournalisten bewegen sich auf einem sehr schmalen Pfad zwischen wissenschaftlicher Publikation und populärwissenschaftlicher Aufbereitung von Forschungsergebnissen. Oft richten sie sich an eine bestimmte Zielgruppe (zum Beispiel Medizinjournalisten an im medizinischen Bereich tätige aber in die aktuelle Forschung nicht direkt einbezogene Personen). Es gibt hier Beispiele für überragende journalistisch-wissenschaftliche Tätigkeit, aber leider auch das Gegenteil. Einen Einblick für den Bereich Medizin bietet zum Beispiel die Website http://news.doccheck.com. Dank der User-Kommentare kann man auch in vielen Fällen sehr gut nachvollziehen, wie qualitativ differenziert die einzelnen Beiträge zu bewerten sind.