Es gibt Kreuzungen, bei denen nicht die Farben herauskommen, die man eigentlich erwarten würde, die also von den Schemata abweichen, die wir in Kapitel IV kennengelernt haben. Sogenannte Fehlfarben sind dabei strenggenommen nur Doggen, deren Farbe nicht standardgerecht ist, wie die Porzellandoggen, die Gefleckte mit einer anderen Grundfarbe als Schwarz sind.
Dagegen sind gelbe Doggen die im Schwarz/Gefleckten Farbschlag fallen, der korrekten Definition zufolge keine Fehlfarben, ebenso wenig wie schwarze Doggen, die nach einer Anpaarung von zwei Gelben fallen.
Und wer beim letzten Satz nicht getickt hat, fängt am besten direkt wieder bei Kapitel I an: Nach einer Kreuzung zweier gelber Doggen können keine Schwarzen fallen, weil das Allel für Schwarz Kbl dominant über kf für Gelb ist. Die anderen können hier weiterlesen:
Fehlfarben und andere unerwartete Fellfarben können immer dann fallen, wenn bei beiden Elterntieren Farballele unsichtbar vorliegen: Wir wissen, dass dazu nur rezessive Allele in der Lage sind, denn nur diese können sich hinter dem dominanten Allel verstecken. Es sei noch einmal kurz daran erinnert, dass für jedes Gen zwei Allele vorliegen und der Zustand, in dem diese beiden beim selben Tier nicht identisch sind, als Heterozygotie bezeichnet wird. Ist ein Hund also heterozygoter Träger eines rezessiven Merkmales, kann er dieses vererben, ohne dass es an ihm selber sichtbar ist. Es hat sich dafür in der Hundzucht der Begriff „faktoriell“ eingebürgert. Im Folgenden sind die bei der Dogge vorkommenden Variationen aufgelistet:
1. Schwarz/Gefleckter Farbschlag
Stromungsfaktoriell
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→ Jeder dieser fünf "faktoriellen" Genotypen kann bei allen drei Farbvarianten des schwarz/gefleckten Farbschlages vorkommen → |
+
oder +
oder + bzw. +
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Gelbfaktoriell
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Blaufaktoriell
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Stromungs- und Blaufaktoriell
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Gelb- und Blaufaktoriell
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2. Blauer Farbschlag
Stromungsfaktoriell
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→ Diese beiden "faktoriellen" Genotypen können bei beiden Farbvarianten des blauen Farbschlages vorkomme → |
+
oder + |
Gelbfaktoriell
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3. Gelb/Gestromter Farbschlag:
Blaufaktoriell
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→ Diese drei "faktoriellen" Genotypen können bei der gestromten Farbvariante des gelb/gestromten Farbschlages vorkommen → |
+
oder + bzw. +
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Gelbfaktoriell
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Gelb- und Blaufaktoriell
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Blaufaktoriell
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→ Dieser "faktorielle" Genotyp kann bei der gelben Farbvariante des gelbe/gestromten Farbschlages vorkommen → |
+
oder + bzw. + |
Bunte Doggen, also unerwartete Farben, entstehen dann, wenn Vater und Mutter rezessive Allele desselben Gens versteckt tragen und ein Welpe diese von beiden Elternteilen erbt. Wir wollen das mal am Bespiel von zwei blauen Dogge nachvollziehen, die beide ein Allel für die Stromung versteckt tragen:
Genotyp und Phänotyp von Clivia und Astor |
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↓ Eizellen ↓ Spermien |
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50% |
50% |
Wir sehen, dass die Hälfte der entstehende Keimzellen von Astor und Clivia das versteckte Allel kbr für die Stromung tragen. Erwartungsgemäß tritt also bei den Welpen die Grundfarbe Gestromt auf, die dieses Allel von beide Eltern erben...und das sind statistisch 25%. Das wir im Kreuzungsquadrat sichtbar:
Blau, stromungsfaktoriell X Blau, stromungsfaktoriell
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50% der Spermien von Astor↓ |
50% der Spermien von Astor↓
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50% der Eizellen von Clivia → |
Genotyp und Phänotyp von 25% der Welpen |
Genotyp und Phänotyp von 25% der Welpen ![]() ![]() |
50% der Eizellen von Clivia → |
Genotyp und Phänotyp von 25% der Welpen ![]() ![]() |
Genotyp und Phänotyp von 25% der Welpen ![]() ![]() |
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Nun können wir auch erkennen, dass unser gestromtes Überraschungsei nicht ganz wie ein echter Gestromter aussieht, denn er hat zwangsläufig von beiden Eltern auch das für die Blauen unabdingbare Verdünnungs-Allel d geerbt: Bei einem solchen Hund ist die Grundfarbe Gelb aufgehellt zu Isabell und die Stromung sowie die Maske sind nicht schwarz sondern blau...eigentlich logisch. Es handelt sich hier also um eine waschechte Fehlfarbe, denn im Standard ist so eine Farbe nicht vorgesehen.
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Einstein Semper Fidelis ist eine blaugestromte isabellfarbene Dogge |
Als zweites Beispiel wollen wir nun einen blaufaktoriellen Schwarzen mit einem blaufaktoriellen Gefleckten kreuzen:
X
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50% der Spermien von Midas↓ Dhm |
50% der Spermien von Midas↓ dhm |
12,5% der Eizellen von Diana → D HM |
DDHhMm |
DdHhMm |
12,5% der Eizellen von Diana → dHM |
DdHhMm |
ddHhMm |
12,5% der Eizellen von Diana → DhM |
DDhhMm |
DdhhMm |
12,5% der Eizellen von Diana → d hM |
DdhhMm |
ddhhMm |
12,5% der Eizellen von Diana → DHm |
DDHhmm |
DdHhmm |
12,5% der Eizellen von Diana → dHm |
DdHhmm |
ddHh mm |
12,5% der Eizellen von Diana → Dhm |
DDhhmm |
Ddhhmm |
12,5% der Eizellen von Diana → dhm |
Ddhhmm |
ddhhmm |
Die Gefleckte Dogge als stets Doppel-Heterozygoter Hund (MmHh), bildet mit einem zusätzlichen versteckten Farballel, in diesem Fall das Allel d der Verdünnung, 8 verschiedene Keimzellen. Wie auf dem Kreuzungsquadrat zu sehen ist, kann auf diese Weise von jeder Variante dieses Farbschlages die "verdünnte" Version entstehen: Die Porzellandogge mit blauen statt schwarzen Flecken, blaue Doggen (von denen manche das Harlekin-Allel tragen können) und schließlich auch aufgehellte Grautiger, die blaue Flecken auf etwas hellerem Grund aufweisen, was allerdings nicht so deutlich ist, wie es die Schemazeichnung vermuten lässt, da die Farbnuancen recht nah beieinander liegen.
Im Grunde ist diese Erbgang nicht komplizierter als das erste Beispiel, nur dass sich bei der Kreuzung zwischen Gefleckt und Schwarz auch beim "normalen" Erbgang (also ohne versteckte Allele) der Erbgang aufspaltet in Gefleckte, Grautiger und Schwarze (siehe Kapitel 4). Beim Erbgang mit zwei blaufaktoriellen Eltern kann dementsprechend von jeder Farbe auch die durch das homozygot vorliegenden Allel d verursachte "verdünnte" Variante entstehen.
Rein aus Übungszwecken wollen wir uns das jetzt auch für die gelbfaktorielle Kreuzung zwischen Gefleckt und Schwarz betrachten...das Prinzip ist absolut identisch zum obigen Beispiel mit blau.
X
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50% der Spermien von Balrog↓ Kblhm |
50% der Spermien von Balrog↓ kyhm |
12,5% der Eizellen von Ira → KblHM |
KblKblHhMm |
KblkyHhMm |
12,5% der Eizellen von Ira → kyHM |
KblkyHhMm |
kykyHhMm |
12,5% der Eizellen von Ira → KblhM |
KblKblhhMm |
KblkyhhMm |
12,5% der Eizellen von Ira → kyhM |
KblkyhhMm |
kykyhhMm |
12,5% der Eizellen von Ira → KblHm |
KblKblHhmm |
KblkyHhmm |
12,5% der Eizellen von Ira → kyHm |
KblkyHhmm |
kykyHhmm |
12,5% der Eizellen von Ira → Kblhm |
KblKblhhmm |
Kblkyhhmm |
12,5% der Eizellen von Ira → kyhm |
Kblkyhhmm |
kykyhhmm |
Auch hier kann von jeder Farbe die gelbe Variante entstehen: Porzellantiger mit gelben Flecken, gelbe Doggen oder auch "Gelbtiger", hellgelbe Doggen mit etwas dunkler gelben Flecken, die wie die oben erwähnten "Blautiger" nicht immer leicht zu erkennen sind, da die Farben oft verwaschen wirken.
Erwähnenswert ist sicherlich, dass sowohl auf das Allel der Verdünnung d als auch auf die Allele gelb/gestromt genetisch getestet werden kann: Wer also Fehlfarben unbedingt vermeiden möchte (auch wenn es sicherlich andere Prioritäten in der Doggenzucht geben sollte...), kann dies mit den entsprechenden Untersuchungen bewerkstelligen.
Zu guter Letzt möchte ich noch ein Quiz anbieten...wer die Antwort herausfindet, darf sich als Kenner der Farbgenetik bei der Dogge bezeichnen.
Wir haben gesehen, dass bei der Kreuzungen zweier stromungsfaktorieller blauer Doggen isabellfarbene blaugestromte Welpen fallen können. Wäre es dann nicht einfach möglich, einen Wurf isabellfarbener Welpen zu erhalten, wenn man eine blaue Dogge mit einer gelben Dogge kreuzt ?
Die Frage lautet also: Was kommt heraus, wenn man ein blaue mit einer gelben Doggen kreuzt, die für alle beteiligten Allele homozygot, also keine versteckten Träger sind? Die Lösung auf der nächsten Seite...
Blau X Gelb
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100% Spermien von Athos↓ |
100% der Eizellen von Fiona → |
Genotyp und Phänotyp von 100% der Welpen |
Ups...nur schwarze Welpen...und das, obwohl kein Elternteil schwarz ist. Was ist passiert ?
Ganz einfach: Unser Athos ist homozygot für das dominante Allel Kbl, welches die schwarze Grundfarbe bewirkt, die bei ihm durch das homozygote Vorliegen des Allels der Verdünnung d zu blau aufgehellt wird. Fiona dagegen ist homozygot für das rezessive Allel ky, ist also gelb, und ist homozygot für das dominante Allel D, das keine Verdünnung der Farbe bewirkt: Bei ALLEN Welpen trifft also beim Gen K das dominante Allel Kbl des Vaters mit dem rezessiven Allel ky der Mutter zusammen: Die Grundfarbe ist also schwarz. Und zu blau verdünnt kann sie nicht werden, da die Mutter ausschließlich das dominante Allel D vererbt, das die Verdünnung verhindert: Die Welpen sind zu 100% heterozygot für die Gene K und D und zu 100% schwarz.
Für denjenigen der jetzt noch Fragen hat, steht der Feedbackbereich zur Verfügung.