Magendrehung - Ein lebensbedrohlicher Notfall!

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Die Magendrehung ist ein lebensbedrohlicher Notfall, der sofortige medizinische Versorgung erfordert. Ein Albtraum für jeden Hundebesitzer...

Riesenrassen“ wie die Deutsche Dogge sind besonders häufig betroffen. Daher sollte jeder Doggenbesitzer die ersten Anzeichen dieser akuten Erkrankung sofort erkennen und entsprechend handeln.

Woran erkennt man eine Magendrehung?

Die Anzeichen einer Magendrehung sind sehr typisch. Der Hund wird unruhig und versucht vergeblich sich zu erbrechen. Anstelle von Mageninhalt würgt er dabei aber nur Schleim heraus. Ein starker Speichelfluss und offensichtliche Schmerzen im Bauchbereich sind weitere Symptome. Der Bauch beginnt sich aufzublähen, so dass hinter den Rippen bald eine auffällig Wölbung zu beobachten ist.

So lange sollte man aber keinesfalls abwarten. Unruhe und vergebliches Würgen reichen vollständig als Warnsignal!

Jeder Hundebesitzer sollte für einen solchen Notfall vorsorgen und die Telefonnummer einer in der operativen Behandlung einer Magendrehung erfahrenen Tierklinik in seiner Nähe kennen.

Sollte die Tierklinik weit entfernt sein, dann kann die Erstversorgung auch durch einen nicht operierenden Tierarzt erfolgen (siehe Therapie).

Bitte klären Sie also im Interesse Ihres Hundes ab, wohin Sie sich in einem solchen Notfall wenden können, um die schnellst- und bestmögliche Hilfe zu erhalten.


Was passiert bei einer Magendrehung?

Nach heutigem Kenntnisstand kommt es zuerst zu einer Aufblähung des Magens, anschließend dreht sich der Magen im Uhrzeigersinn um seine Längsachse, in aller Regel im Uhrzeigersinn. Dies ist möglich, da der Magen beim Hund nur relativ locker mit dem umliegenden Gewebe verbunden ist. Die Drehung kann bis zu 360° betragen. Direkte Folge dieser Drehung ist, der Verschluss von Mageneingang und Magenausgang, wodurch sich im Magen weitere „Gärgase“ ansammeln. Außerdem wird die Blutzufuhr teilweise unterbrochen, was zu einer Schädigung der Magenwände führt.

Magendrehung Röntgenaufnahme

  Das Röntgenbild zeigt eine Magenaufgasung und -drehung bei einem großen Mischlingshund. Die große dunkle Fläche ("body of stomach") zeigt den durch das Gas aufgeblähten Magen. Der Magenausgang ("Pylorus) sowie der angrenzende Zwölffingerdarm (Duodenum) sind in einer abnormalen Position vor den Magen gelagert und durch eine "Falte" scheinbar vom Magen getrennt.

Bildquelle: http://en.wikipedia.org/wiki/File:GDV_x-ray.JPG

Durch die Aufgasung des Magens kommt es zum Druck auf das umliegende Gewebe, wobei insbesondere große Venen verschlossen werden, die den Blutrückfluss zum Herzen gewährleisten. Das ist der Hauptgrund dafür, dass sich bei den betroffenen Hunden ein Kreislaufschock entwickelt.

Wird jetzt nicht schnell eingegriffen, dann verläuft die Magendrehung tödlich: Das Herz wird durch die mangelhafte Durchblutung geschädigt, so dass Herzrhythmusstörungen entstehen, der Druck auf die Lunge verschlechtert die Atmung. Schließlich führt die Unterversorgung mit Sauerstoff auch zu Störungen anderer Organe, besonders der Nierenfunktion. Nach einiger Zeit kommt es dann auch zur Freisetzung von Giftstoffen aus den geschädigten Geweben.

 


Wie kann dem Hund geholfen werden?

Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist eine schnellstmögliche medizinische und chirurgische Behandlung. Beim Verdacht auf eine Magendrehung also keinesfalls zögern und abwarten!

Ein operativer Eingriff ist unvermeidlich und sollte so bald wie möglich stattfinden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Operation ist, dass der Hund zuvor kreislaufmäßig stabilisiert wurde. 

Ist die operierende Tierklinik nicht innerhalb kürzester Zeit erreichbar, sollte die Erstversorgung durch einen Tierarzt vor Ort erfolgen: Er wird eine Infusionstherapie einleiten, um einem Kreislaufschock vorzubeugen, und gegebenenfalls fachmännisch das Gas aus dem prall gefüllten Magen entweichen lassen (Magensonde über die Speiseröhre oder falls nicht möglich Einstechen einer Kanüle über die Bauchwand).

Die Operation hat dann zum Ziel, den Magen und die umliegenden Organe wieder in die richtige Position zu bringen, gegebenenfalls den Magen zu leeren und zerstörtes Gewebe zu entfernen. Außerdem sollte der Magen unbedingt chirurgisch an der Bauchwand fixiert werden, wofür es mehrere Methoden gibt: Würde der Magen nicht „festgenäht“, liegt die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Magendrehung bei 80 Prozent!

Die Nachsorge nach der Operation ist von besonderer Bedeutung, da oft in den ersten 24 bis 48 Stunden akute Herz-Kreislauf-Probleme oder "Vergiftungserscheinungen" auftreten. Der Patient muss also unbedingt unter ständiger tierärztlicher Überwachung verbleiben.

 


Kann man einer Magendrehung vorbeugen?

Die Suche nach den Ursachen der Magendrehung beschäftigt die Tiermedizin schon lange Zeit. Es wurden besonders in den 90iger Jahren zahlreiche Untersuchungen dazu unter maßgeblicher Leitung von Larry Glickman an der Purdue University durchgeführt, oft als sogenannte „Purdue-Studie“ im Internet zitiert. Auch weltweit gibt es zahlreiche Forschungsarbeiten rund um die Magendrehung des Hundes.

Der derzeitige Stand ist aber leider, dass es nur sehr wenige Erkenntnisse gibt, die durch mehrere Studien abgesichert werden konnten, oft widersprechen sich sogar teilweise die Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeiten.

Dies zeigt sich zum Beispiel beim Thema Bewegung nach dem Fressen: Bewegung nach der Nahrungsaufnahme wurde lange Zeit als ein wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung einer Magendrehung benannt, dementsprechend wurde dringend geraten, dass der Hund nach dem Fressen mindestens zwei Stunden ruhen soll. Eine aktuelle Untersuchung weist dagegen darauf hin, dass mäßige Bewegung nach dem Fressen sogar der Magendrehung entgegen wirken soll. Auch die Magenüberladung durch große Rationen sowie die Verwendung von Fertigfutter scheinen nach neueren Erkenntnissen keine entscheidende Rolle zu spielen.

Das Problem der meisten Studien rund um die Ursachen der Magendrehung ist, dass die Wissenschaftlicher hauptsächlich auf die Angaben der Tierbesitzer hinsichtlich Haltungsbedingungen, Wesen und Vorgeschichte des Tieres angewiesen sind. Diese sind oft nicht objektiv und vollständig, außerdem fehlen in der Regel die Bezugsgrößen – also umfassende Vergleichswerte von Hunden die nicht an einer Magendrehung erkrankten.

Folgende Risikofaktoren für eine Magendrehung erscheinen derzeit wissenschaftlich gesichert:

Außerdem sind wahrscheinlich noch von Bedeutung:

Was kann man als Besitzer eines großen, eventuell zusätzlich durch Körperbau und Erkrankungen in der Verwandtschaft prädisponierten Hundes also tun? Konkrete Vorbeugungsmaßnahmen sind nur eingeschränkt möglich. Aus meiner individuellen Erfahrung und der Zusammenfassung bisheriger Forschungsergebnisse – und ohne jegliche „Garantie“ für eine positive Wirkung – berücksichtige ich folgende Faktoren:

 


Quellenangaben / Weiterführende Literatur:

Glickman L, Glickman N, Schellenberg D, Raghavan M, Lee T (2000). "Non-dietary risk factors for gastric dilatation-volvulus in large and giant breed dogs". J. Am. Vet. Med. Assoc.217 (10): 1492–9. 

Glickman L, Glickman N, Schellenberg D, Simpson K, Lantz G (1997). "Multiple risk factors for the gastric dilatation-volvulus syndrome in dogs: a practitioner/owner case-control study". Journal of the American Animal Hospital Association33 (3): 197–204.

Raghavan M, Glickman N, McCabe G, Lantz G, Glickman LT. (2004) Diet-related risk factors for gastric dilatation-volvulus in dogs of high-risk breeds. J Am Anim Hosp Assoc. 40(3):192-203

Marko Pipan, DVM, DACVECC; Dorothy Cimino Brown, DVM, MSCE, DACVS; Carmelo L. Battaglia, PhD; Cynthia M. Otto, DVM, PhD, DACVECC June 15, 2012, "An Internet-based survey of risk factors for surgical gastric dilatation-volvulus in dogs", Vol. 240, No. 12, Pages 1456-1462

Anna de Battisti, DVM; Michael J. Toscano, PhD; Luca Formaggini, DVM,  "Gastric foreign body as a risk factor for gastric dilatation and volvulus in dogs", JAVMA, November 1, 2012, Vol. 241, No. 9, Pages 1190-1193

Daniel Koch, "Magendrehung beim Hund - Ein Update", © Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG